Telemedizin

Mehr als nur Gesundheits-Apps

„Warum ist mein Arzt zehn Straßen entfernt und nicht nur einen Klick?“ So klingt es in einem Video von DocMorris. Die Versand-Apotheke hat im März 2021 mit einer Werbekampagne den Unmut des Hausärzteverbands auf sich gezogen, weil sie auf Plakaten das Hausärzte-Modell attackierte. „Warum können wir Gesundheit nicht neu denken?“ Eine der Antworten des Gesundheitsdienstleisters: Telemedizin.

 

Doch was steckt hinter dem Schlagwort?

Von Telemedizin spricht man – mit einer gewissen Unschärfe im Begriff – meist dann, wenn Ärztin und Patient sich nicht persönlich gegenübersitzen, sondern per Telekommunikation eine räumliche oder zeitliche Distanz zwischen den beiden überbrückt wird. Genauer gesagt geht es also um „telemedizinische Methoden“. Gerade für den ländlichen Raum und vor dem Hintergrund des Fachärztemangels werden telemedizinische Methoden oft als sinnvolle Ergänzung der bestehenden Angebote gesehen.

Was bedeutet das konkret?

Bei einer Online-Videosprechstunde sprechen Ärztin und Patient über einen Video-Dienstanbieter miteinander. Der Vorteil: Sie können sich dabei nicht nur hören, sondern auch sehen. Beispielsweise bei Kontrollterminen könnten so der Weg zum Arzt und die Zeit im Wartezimmer entfallen. Möglich wurden Videosprechstunden übrigens erst durch eine Änderung der Berufsordnung der Ärzte im Jahr 2018, da „Fernbehandlungen“ deutschen Ärzt*innen bis dato nicht erlaubt waren.

Zur Telemedizin wird auch gerechnet, wenn Ärzt*innen per Videotelefonie miteinander sprechen. So können spezialisierte Mediziner*innen ihre Kolleg*innen in anderen Kliniken mit Fachwissen unterstützen, indem sie per Videotelefonie bei einer Untersuchung anwesend sind. Dies ist bei Schlaganfällen gängige Praxis – Kliniken in ländlichen Regionen profitieren so von ihren spezialisierten Kolleg*innen in den urbanen Zentren.

Ein anderes Beispiel für die Anwendung von Telemedizin findet sich in der Betreuung chronisch kranker Patient*innen – das sogenannte Telemonitoring. Hier kommen mobile Messgeräte zum Einsatz, die beispielsweise Menschen mit einer chronischen Herzschwäche überwachen. Die behandelnde Ärztin erhält die gemessenen Werte auf elektronischem Wege; so soll eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes schnell erkannt werden.

Auch das Einholen von ärztlichen Zweitmeinungen geht mittlerweile über das Internet und fällt damit in den Bereich der Telemedizin. Zweitmeinungsportale wie 2te-zahnarztmeinung.de oder krebszweitmeinung.de bieten die Möglichkeit, vorhandene Unterlagen sowie weitere Fragebögen per Post oder online einzureichen. Spezialist*innen werten diese Unterlagen aus und geben kostenpflichtig Handlungsempfehlungen ab. Manche Krankenkassen haben Kooperationen mit solchen Portalen und übernehmen die Kosten dafür.

Auch Gesundheits- und Medizin-Apps werden oft zu den telemedizinischen Methoden gerechnet. Für sie gibt es schon ein neues Kurzwort: DiGA – für Digitale Gesundheitsanwendung. Das sind digitale Programme oder Apps, die zur Diagnose oder Therapie von Krankheiten eingesetzt werden. DiGAs gelten als Medizinprodukt und können daher von Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen verordnet werden. Die Kosten für die DiGA werden dann in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Die Bandbreite von DiGAs ist groß: Für Menschen mit Depressionen gibt es beispielsweise onlinebasierte Selbsthilfeprogramme als Ergänzung und Unterstützung zu einer zur herkömmlichen Therapie. Eine Diagnose-App zu Hautkrebs kann Fotos auswerten und erste Hinweise geben. Migräne-Patienten können mithilfe einer App ihre Krankheit digital dokumentieren und analysieren, um mögliche Auslöser besser zu erkennen.

Manche DiGAs werden dabei allein von der Patientin genutzt, andere von Ärztin und Patient gemeinsam. Manche Apps und Programme funktionieren auch in Kombination mit anderen Geräten wie beispielsweise Pulsmessern. Jedoch ist längst nicht jede Gesundheits-App eine DiGA. Die Anwendungen müssen bestimmten Kriterien entsprechen und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geprüft sein.

Quellen und weiterführende Links:

https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/telematiktelemedizin/telemedizin/

https://www.telemedbw.de/digitalegesundheit/telemedizin-und-ihre-anwendungsgebiete

https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/telemedizin-was-die-fernsprechstunde-fuer-patienten-moeglich-macht-41154

https://gesund.bund.de/digitale-gesundheitsanwendungen-diga

Dieser Artikel gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Datum: 30. September 2021