Wie Betrüger per E-Mail zu Geld kommen

Hilferuf aus England

Die Geschichte, die mit einem hohen finanziellen Schaden endet, beginnt ganz harmlos. Herr Maier, dessen Namen für diesen Bericht geändert wurde, ruft wie so oft seine E-Mails ab. In seiner elektronischen Post ist unter anderem eine Nachricht von einer Verwandten aus den USA. In der Nachricht schreibt sie, dass sie wieder einmal in England auf Geschäftsreise sei und ihre Handtasche mit Bargeld, Kreditkarte und Mobiltelefon verloren habe.

„Sie müsse ihr Hotel bezahlen und sich auf den Heimweg machen. Sie habe auch schon mit der Botschaft gesprochen, jedoch keine Antwort erhalten. Leider sei sie telefonisch nicht erreichbar. Sie sei verzweifelt“, berichtet Herr Maier. Per E-Mail lässt er sich den Namen und die Telefonnummer ihres Hotels und den nötigen Geldbetrag mitteilen. Herr Maier ruft im Hotel an, dort kennt man die Verwandte nicht. Herr Maier wird stutzig, glaubt aber an einen Irrtum.

„Da ich solche Situationen geschäftlich schon erlebt habe, wusste ich, dass ich bei einer Transferbank das gewünschte Geld, ein Betrag in Höhe von 650 € bar, einzahlen konnte. Die Transferbank überwies das Geld dann zu einer Bank in der Nähe des Hotels“, schildert Herr Maier. „Damit sie diesen Betrag dort abheben konnte, schickte ich meiner Verwandten per E-Mail einen Code, mit dem ihr das Geld bar ausgezahlt wurde.“ Schnell erhielt er ein Dankeschön, ebenfalls per E-Mail, dass das Geld angekommen sei.

Dann kam eine weitere E-Mail: Ihr fehle jetzt das Geld für die Rückreise. „Als dann eine weitere Bitte nach Geld für ein Rückflugticket kam, wurde ich endlich wach. Ich rief meine Verwandte in den USA an, die natürlich nicht in England war, sondern zu Hause. Sie teilte mir mit, dass man ihren E-Mail-Account geknackt habe. Sie habe alle ihre Kontakte hierüber informiert, außer ihre Verwandten in Übersee.“ Die Informationen rund um den Kontakt zu Herrn Maier erhielten die Betrüger über den geknackten Zugang des E-Mailkontos. Vermutlich wurden dort die E-Mails der vergangenen Zeit mitgelesen und eine fingierte Geschichte um eine Reise entwickelt, die so nie stattgefunden hat. „Durch unseren E-Mailverkehr vor dem Betrugsfall wusste ich, dass meine Verwandte oft in England war und war nur zu gerne bereit, ihr zu helfen. Der Betrüger konnte diesen Schriftwechsel natürlich nachlesen und mir die scheinbare Notsituation glaubhaft machen.“ Die Betrüger machten sich gezielt die Hilfsbereitschaft ihres Opfers zunutze. „Spätestens bei der negativen Hotelauskunft hätte ich stutzig werden müssen. Da die Verwandte und ihre Angehörigen mir aber oft in den USA geholfen haben, wollte ich mich nun gerne revanchieren“, berichtet Herr Maier.

Ähnlich wie Herrn Maier geht es auch anderen Menschen, die auf Abzockmails reagieren. Das Muster beim sogenannten Scamming (Vorschussbetrug) ist oft das gleiche: In einer angeblichen Notsituation brauchen die vermeintlichen Verwandten Geld. Zu erreichen sind sie nicht, außer per Mail. Das Geld soll via Geldtransferdienstleister geschickt werden. Die Verzweiflung bei den angeblichen Opfern ist groß. Die Versender solcher betrügerischen E-Mails setzen bei ihren Taten häufig auf einen schockierenden und emotionalen Effekt bei den Empfängern. „Bis zu diesem Zeitpunkt war ich ein gutgläubiger Mensch. Ich wollte meiner Verwandten helfen“, resümiert Herr Maier. Was er zu spät bemerkte, war, dass der komplette E-Mail-Verkehr über eine fingierte E-Mailadresse geführt wurde: „In der E-Mail-Adresse war ein weiterer Buchstabe eingefügt, es handelte sich also um eine ganz andere Anschrift“, berichtet der Betroffene.

„Ich rate allen zu einem sorgsamen Umgang mit E-Mails. Man sollte alle Möglichkeiten nutzen, um den Wahrheitsgehalt einer Nachricht zu klären, wie zum Beispiel durch Anrufe bei der Familie, und natürlich misstrauisch sein.“

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Dieser Artikel gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Datum: 16. Juli 2014

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